Probleme bei der Bewerbung


Anmerkung zur Benennung dieser Rubrik:
    Eigentlich hätten wir diese Rubrik nicht mit "Probleme" titulieren sollen, wie sie im Folgenden erfahren werden. Statt Probleme hätten wir besser einen Begriff wie "Herausforderungen" verwenden sollen. Aber wer sucht schon bei Google nach "Bewerbung Herausforderung". Die meisten suchen wohl eher nach "Bewerbung Problem" oder "Bewerbung Probleme".

Die Macht negativer Formulierungen

Falls Sie noch nicht unser Experiment auf der rechten Seite gemacht haben, tun Sie es bitte jetzt, bevor Sie weiter lesen. Logisch oder Mathematisch gesehen ist zwischen den beiden Sätzen "Ich lüge nicht!" und "Ich sage die Wahrheit" kein Unterschied. Menschen sind jedoch Wesen, die nur bedingt in der Lage sind streng mathematisch oder logisch zu denken. Unser Denken und Handeln ist in subjektive Interpretationsrahmen gebunden. Das Beispiel auf der rechten Seite stammt aus dem Buch "don't think of an elephant!" von George Lakoff, Professor für Linguistik an der University of California. Er, wie viele andere Experten auch, ist überzeugt, dass wir von Sprachbildern (Metaphern) geprägt bzw. beherrscht werden. Man bezeichnet dies als Framing in der Kommunikationswissenschaft. Lakoff schreibt in seinem Buch, dass er die "Elefantenfrage" immer zu Beginn seiner Vorlesung "Cognitive Science" (Kognitionswissenschaft) seinen Studentinnen und Studenten stellt. Lakoff schreibt, dass er noch nie jemanden in seiner Vorlesung hatte, dem es gelungen wäre nicht an einen Elefanten zu denken.
Was bedeutet das, für unser obiges Beispiel? Sagt Ihnen jemand, dass er kein Lügner sei, dann denken (und fühlen) Sie sofort alle mit Lügen und Lügnern assozierten Gedanken und Gefühle. Umgekehrt stellen sich bei der Formulierung "Ich sage die Wahrheit" positive Assoziationen ein. Politiker und Verantwortliche in der Wirtschaft sind sich dieser Sprach- und Denkeigenschaften bewusst, was man an vielen Beschönigungen sehen kann: Aus "Lagerplätzen für Atommüll" oder "Atommülllagern" wurden "Entsorgungsparks", womit man automatisch gepflegte Stadtparks mit zum Sitzen einladenden Bänken, Teichen mit Schwänen und Springbrunnen und vieles andere assoziert. Aus dem "unkalkulierbaren Risiko" wurde ein verharmlosendes "Restrisiko". Man spricht auch nicht von "Austritt von Radioaktivität" sondern von "Freisetzung von Radioaktivität". Ebenso entlässt die Wirtschaft auch keine Arbeitskräfte sondern setzt sie frei und die die "Freisetzung von Arbeitskräften" ist ein Teil von "notwendigen Reformen" (statt "Sozialabbau").
Nicht zu vergessen eine besonders perfide Wortschöpfung: Kollateralschaden für die "Tötung von Zivilisten" im Krieg, ähem Verzeihung, heißt ja heutzutage "kriegsähnliche Verhältnisse" gedeckt durch ein "Robustes Mandat".

Anwendung bei der Bewerbung

Was hat das nun alles mit dem Ablauf der Bewerbung zu tun? Sehr viel, denn auch in der Bewerbung kommt es auf jedes Wort an, sowohl im schriftlichen Teil als auch im Vorstellungsgespräch. So bewirkt das Anschreiben der Bewerbung einen ersten Eindruck des Bewerbers. Sie sollten also das Wort "Problem" aus Ihrem Wortschatz streichen und statt dessen von "Aufgaben" und "Herausforderungen" sprechen.
Beispiele für negative Formulierungen, die man im Bewerbungsschreiben und im persönlichen Gespräch meiden sollten: Versuchen Sie obige Formulierungen als Personalchef oder Chef einer Firma zu lesen. Er wird sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit Ihnen sondern mir ihrer alten Firma und ihrem alten verhassten Chef solidarisieren und Ihre Chancen auf den Job werden sich dramatisch verringern.
Noch ein was ebenso ehrlich wie schädlich in seiner Formulierung ist: "In meinem bisherigen lief nichts so wie ich es wollte. Jetzt soll alles besser werden! Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mir in Ihrer Firma eine Chance für einen Neuanfang bieten könnten."
Andere Negativ-Positiv-Paarungen:
  • "Das Glas ist halbvoll" und "Das Glas ist halbleer"
  • "Diese Therapie wirkt in 90% aller Fälle" vs. "Diese Therapie wirkt bei 10% der Patienten überhaupt nicht"
  • "I am not a crook!" ("Ich bin kein Gauner") sagte Richard Nixon im November 1973 zur Verteidigung der Watergate-Affäre. Mit dieser Formulierung machte er es auch seinen letzten Anhängern schwer an seine Ehrenhaftigkeit zu glauben.