Rechtliches


Unangemessene Fragen

Es gibt bestimmte Fragen, die im Vorstellungsgespräch schlicht und ergreifend nicht gestellt werden sollten. Ein Vorteil für den Bewerber ist, dass dies nicht nur aus Gründen der Etiquette nicht geschehen sollte, sondern auch aus rechtlichen. Diese Fragen muss man nicht beantworten, wer möchte darf hier auch lügen. Werden solche Fragen nun doch gestellt, stellt sich dem Bewerber die Frage wie er darauf reagieren soll. Lehnt er es schlicht und ergreifend ab, die Frage zu beantworten, denkt sich der Gesprächspartner seinen Teil, und die Chancen auf den Job sinken erheblich. Soll man lügen, obwohl Lügen bekannterweise kurze Beine haben? Oder sollte man vielleicht doch mit der Wahrheit antworten. Das ist von Situation zu Situation verschieden. In dieser Rubrik werden "unangemessene" Fragen aufgelistet und Antwortmöglichkeiten gegeben.
Achtung:
Sie kennen sicherlich den Spruch: "Zwei Menschen zwei Meinungen. Zwei Juristen drei Meinungen!" In diesem Sinne sind alle Angaben auf dieser Seite ohne Gewähr. Wenn Sie es genau wissen wollen, sollten Sie einen Juristen zu Rate ziehen. Oder besser drei?

Diese Fragen sind, außer in besonderen Ausnahmefällen, unzulässig:



1. Frage nach Schwangerschaft oder Kinderwunsch 1
Dies ist wohl eine der bekanntesten unzulässigen Fragen, Sie können die Antwort verweigern oder lügen.
Frauen dürfen nicht gefragt werden, ob sie schwanger sind, da dies ein Verstoß gegen GG, Art.3, § 2,3 wäre, der besagt, dass weder Männer noch Frauen diskriminiert werden dürfen. Frägt man eine Frau ob sie schwanger ist, stellt dass eine Diskriminierung dar, da nur Frauen schwanger sein können.
Ob es sinnvoll ist die Antwort zu verweigern, bzw. zu lügen ist eine andere Frage.

2. Frage nach Krankheiten
Die Frage nach Krankheiten ist nur bedingt unzulässig. Sie ist erlaubt, wenn durch die Krankheit das Ausführen der Tätigkeit auf Dauer beeinträchtigt ist. Ansteckende Krankheiten dürfen ebenfalls nicht verschweigen werden.
Die Frage nach einer HIV-Infektion ist unzulässig, solange es nicht für den Beruf von Belang ist. Bei allen Heilberufen (Arzt, Krankenschwester...) muss diese Frage wahrheitsgemäß beantwortet werden.
Achtung: Die Frage nach AIDS (die Krankheit ist bereits ausgebrochen) muss immer wahrheitsgemäß beantwortet werden, da durch die Krankheit das Ausüben jeglicher Berufe erschwert werden kann.

3. Frage nach Schwerbehinderung3
Die Frage des Arbeitgebers in dem Vorstellungsgespräch nach der Schwerbehinderung des Bewerbers wird nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (so u.a. BAG 18.10.2000 - 2 AZR 380/99) als zulässig angesehen.
Jedoch wurden sämtliche Entscheidungen vor dem Inkrafttreten des in § 81 Abs. 2 SGB IX i.V.m. § 7 AGG erlassen, nach denen ein schwerbehinderte Arbeitnehmer wegen seiner Behinderung bei der Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt werden darf.

Nunmehr herrscht in der Literatur einhellig die Ansicht, dass die Frage des Arbeitgebers nach der Schwerbehinderung unzulässig ist, eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird insofern erwartet. Dem Arbeitgeber ist nicht zuletzt im Hinblick auf mögliche Entschädigungsansprüche (siehe insofern die Ausführungen in dem Beitrag Schwerbehinderte Arbeitnehmer) gemäß § 15 AGG von der Stellung der Frage abzuraten.

Eindeutig ist die Frage nach der Schwerbehinderung weiterhin zulässig, wenn die auszuübende Tätigkeit mit einer Schwerbehinderung auch mit Hilfsmitteln nicht oder nur sehr eingeschränkt ausgeübt werden kann. Auch die Frage nach einer Körperbehinderung ohne Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft ist zulässig.

4. Fragen über Vermögensverhältnisse4
Fragen nach Vermögensverhältnissen sind nur zulässig wenn es sich bei dem Beruf um ein Vertrauensposition handelt, wenn Sie sich zum Beispiel um eine Position als Bankkaufmann bewerben müssen Sie diese Frage wahrheitsgemäß antworten.

5. Frage nach Religionszugehörigkeit/Weltansschauung 5
Fragen nach Religionszugehörigkeit und der Weltanschaung sind nicht zulässig.
Achtung: In religiösen Einrichtungen darf Ihnen diese Frage durchaus gestellt werden - uns Sie müssen diese auch wahrheitsgemäß beantworten.

6. Frage nach Rasse/ethnischer Herkunft:6
Diese Frage bleibt unzulässig. Nach einer Aufenthaltsgenehmigung und/oder Arbeitserlaubnis darf allerdings gefragt werden.

7. Frage nach sexueller Orientierung7
Diese Frage ist immer unzulässig. es geht Ihren Arbeitgeber nichts an.

8. Fragen über Vorstrafen und Ermittlungsverfahren8
Fragen über Ermittlungsverfahren sind immer unzulässig. Dies beruht auf dem Grundsatz, dass jede Person bis zum Beweis Ihrer Schuld unschuldig ist.
Fragen nach Vorstrafen sind bedingt zulässig, wenn die Vorstrafe sich auf den Beruf auswirkt. (Besipielsweise, wenn sich jemand der wegen sexueller Misshandlung angeklagt war in einem Kindergarten bewirbt).

9. Frage nach Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft
Die Frage nach eine Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist unzulässig. Nachdem man eingestellt wurde ist die Frage allerdings wieder erlaubt.

10. Frage nach Kündigungsgrund
Die Frage nach dem Kündigungsgrund des vorherigen Job ist unzulässig.


Wie reagiert man am Besten auf unangemessene Fragen?


Stellt Ihnen Ihr Arbeitgeber eine unzulässige Frage, sollten Sie zuerst Ihre Möglichkeiten abwägen.
Schadet es Ihnen nicht, die Frage wahrheitsgemäß zu beantworten, ist es am sinnvollsten dies zu tun (Wenn sie beispielsweise nicht schwanger sind und nach einer Schwangerschaft gefragt werden).
Wenn Sie dem Arbeitgeber die Antwort verweigern, wird er sich die Antwort selbst denken und Ihre Chancen auf den Job sinken erheblich.
Glauben Sie aber, dass Ihnen die Antwort schaden wird, dann ist es manchmal sinnvoll zu einer Lüge zu greifen. Sie sollten sich aber im Vorraus darüber Gedanken machen, ob diese Lüge wirklich Sinn macht. Kommt nach 2 Wochen Arbeitszeit heraus, dass sie gelogen haben, macht diese Lüge das Vertrauensverhältniss kaputt, unzulässige Frage hin oder her.


1 GG, Art. 3 (2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden
3 http://www.juraforum.de/lexikon/Schwerbehinderte%20-%20Vorstellungsgespr%C3%A4ch
4 Das Arbeitsrecht im BGB: Kommentar By Harald Schliemann, Reiner Ascheid, Seite 137
5 GG, Art.3, § (3): Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
GG, Art.4, § (1) : 1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
Für religiöse Einrichtungen gilt:
Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz, § 9
(1) Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften, die ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder durch Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, auch zulässig, wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft oder Vereinigung im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht oder nach der Art der Tätigkeit eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.
(2) Das Verbot unterschiedlicher Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten Religionsgemeinschaften, der ihnen zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform oder der Vereinigungen, die sich die gemeinschaftliche Pflege einer Religion oder Weltanschauung zur Aufgabe machen, von ihren Beschäftigten ein loyales und aufrichtiges Verhalten im Sinne ihres jeweiligen Selbstverständnisses verlangen zu können.
6dto.
7 Mit der Verabschiedung der europäischen Richtlinien zur Antidiskriminierung im Arbeitsrecht sind Kündigungen und sonstige diskriminierenden Maßnahmen aufgrund Bekanntwerdens der homosexuellen Identität von Mitarbeitern in der Privatwirtschaft sowie von Angestellten und Beamten im öffentlichen Dienst in den Mitgliedstaaten der EU unzulässig. (Zitat von Wikipedia) Aus diesem Artikel folgt, dass keine Frage zur sexuellen Orientierung gestellt werden darf, da dies eine Missachtung der Antidiskriminierung des Arbeitsrechts wäre.
8 Europäische Menschenrechtskonvention Art. 6: "Jede Person hat ein Recht darauf, daß über Streitigkeiten in bezug auf ihre zivilrechtlichen Ansprüche und Verpflichtungen oder über eine gegen sie erhobene strafrechtliche Anklage von einem unabhängigen und unparteiischen, auf Gesetz beruhenden Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird ... Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig."